Am Freitag, 22.10.2021, erhielten einige Schüler aus unseren Abschlussklassen die Möglichkeit bei einer Stolpersteinverlegung des Künstlers Gunter Demnig mitwirken zu können.
Unweit unserer Schule wohnte Gretchen Mayer (Tannenstraße 50). Sie steht für ein Beispiel der Opfer der dezentralen Euthanasie des NS-Regimes. Als psychisch kranke Frau wurde sie in der Heilanstalt Winnental am 01.10.1941 ermordet. Dies ergaben Forschungen des ehemaligen ev. Pfarrers Herrn Joachim Hahn. Auf Initiative Herrn Hahns durften unsere Schule und das Gymnasium die Gedenkfeier rund um die Stolpersteinverlegung mitgestalten. Unsere Schüler beschäftigten sich bereits zuvor intensiv an einem ganzen Nachmittag mit dem Schicksal dieser Frau. Dabei war es wichtig aufzuzeigen, inwieweit die Thematik uns persönlich betrifft. Darüber hinaus beschäftigten sich die Teilnehmer mit der Fragestellung, welche Schlussfolgerungen wir daraus für unser alltägliches Handeln ziehen.
Hier die Redebeiträge unserer Schüler im Einzelnen:
„Was löst die Auseinandersetzung mit dem Schicksal der Gretchen Mayer bei uns aus?
Ich bin schockiert, erschüttert und enttäuscht über das Handeln unserer Vorfahren, über die grausamen Taten der Nationalsozialisten und Ihrer Unmenschlichkeit.
Ich bin verwirrt und irritiert bezüglich der Grausamkeit von damals.
Ich empfinde Scham und Ekel gegenüber den furchtbaren Handlungen, welche die Ideologie des NS-Regimes hervorbrachte.
In mir entsteht ein ungewöhnliches Gefühl, da es unreal und nicht vorstellbar erscheint, was geschehen ist. Aber tatsächlich ist es doch passiert.
Es verstört mich, dass auch hier in meinem Heimatort eine solch grausame Tat vollzogen wurde.
Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik bringt mich zum Nachdenken über den Umgang mit Minderheiten.
Das Schicksal der Gretchen Mayer macht mich betroffen, weil sie, als schutzbedürftiger Mensch, nicht beschützt wurde.
So etwas darf nie wieder passieren!
Welche Schlussfolgerungen erkennen wir für unser alltägliches Handeln?:
Jeder hat das Recht als Mensch zu leben. Deshalb handle ich mit Toleranz und Respekt gegenüber dem Nächsten.
Es darf nicht sein, dass Menschen immer noch aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion, Sexualität, Weltansicht, körperlicher Behinderung und psychischer Krankheit benachteiligt, verfolgt oder gar ermordet werden.
Wir können in unserem eigenen kleinen Kosmos, in dem wir leben, Diskriminierung an Minderheiten verhindern, indem wir aktiv solche Bestrebungen bekämpfen. Wir sind aufgefordert hier unsere Mitmenschen zur Rede zu stellen.
Ich möchte so viele Menschen wie möglich darüber informieren, dass solche Taten heute und in der Zukunft nicht erneut passieren.
Ich will mit meinen Mitmenschen so umgehen, wie ich es wünsche, dass sie mit mir umgehen.
Als Christ versuche ich mich an der Aussage Jesu zu orientieren: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“
Wir sollten eines niemals vergessen, wie sehr Frieden, Freiheit und die Wahrung von Menschenrechten zerbrechlich sind.
Frieden, Freiheit und Menschenrechte dürfen niemals als selbstverständlich betrachtet werden!
Wir sind diejenigen, die dafür eintreten müssen!“
Neben Musikstücken, welche die Feier umrahmten, wurden weiße Rosen am Stolperstein niedergelegt.
Die Gedenkfeier empfanden alle als sehr würdevoll und wichtig.
Überblickswissen zum Themenbereich „Euthanasie“ finden Sie zusammengefasst in einem Erklärfilm von Wissen2Go unter: https://www.youtube.com/watch?v=2zmByElakrg